Unser Henry (ganz rechts) hat am 28. März 2024 seine letzte Reise angetreten. Wir werden seine feinen Ohren und sein Flöten- und Bodhranspiel vermissen.
Am meisten wird uns Henrys goldener Humor fehlen. Unvergessen ist seine deutsche Übersetzung der "Sick Note" von Pat Cooksey, bekannt geworden durch Sean Cannon von den Dubliners.
Henry, alias Vertellnix, war ein Urgestein der Folk-Szene. Er betrieb schon vor weit über 20 Jahren die Folk-Website mysongbook.de
Schaut euch mal seine persönliche Seite hier an. Da findet man noch so einiges Interessante. hier klicken!

DFC neu 5bg

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DAS BANJO / DIE BANJOS  von Carsten Meins

sammelbanjos

Am Anfang war da kein Banjo, das kam erst als ich 18 wurde.Meine Mutter schenkte es mir zum Geburtstag. Ein ganz schlichtes. Dazu eine Tasche. Was hat sie damit nur angerichtet? Sie kannte meine Schwärmerei für das Instrument. Manchmal tauchte eines im Fernsehen auf, dann mal auf einer Platte. . . und so beschloss meine Mutter mir so ein Instrument zu schenken. Ich weiß nicht was es gekostet hat, für meine Mutter war es auf jeden Fall ein Vermögen. Tja. Da hatte ich es nun. Keine Ahnung wie man es stimmt, ohne Stimmgerät usw. Also was konnte ich tun? Erstmal nichts. Das Instrument blieb relativ unbeachtet eine ganze Zeit in meinem Zimmer stehen.

Als ich mobil wurde war es mir möglich regelmäßig zu Konzerten der Band SteamRoller zu fahren. So kam ich mit den Musikern ins Gespräch und konnte mir von Kally Darm und Jörg Fröse Tipps holen. Dann war schnell ein empfohlenes Lehrbuch und Stimmgerät angeschafft. (die Dinger waren damals noch richtig teuer, - ich weiß noch: das erste hat mich damals 145 DM gekostet). Langsam, langsam begann ich mich an die Geheimnisse dieses Instrumentes heranzutasten. Nach ein paar Jahren waren die Möglichkeiten des einfachen Instruments aber erschöpft, und ich wusste, ich musste mir ein stabileres Instrument zulegen. Auf einem Bluegrassfestival in Neu-Südende traf ich Günter Khuen, den Tontechniker von SteamRoller wieder. Kally Darm war auch da, und Günther wollte sein Banjo verkaufen. Ich zeigte Interesse, Günter ging zum Auto, holte einen Koffer, kam zurück, öffnete das Case, - und was sah’ ich da? – Meine Enttäuschung war unbeschreiblich. Helles Holz – i-gitt !, Kein Resonator? da fehlt ja die Hälfte! - und – wie heißt der Hersteller Framus? Hm, taugt das was ? Kally nahm es unter die Lupe, es wurde für ok befunden und der von Günter geforderte Preis wurde von allen umstehenden als sehr fair bezeichnet. Ich bat mir Bedenkzeit aus. Eigentlich wollte ich so ein Banjo auf keinen Fall haben. Aber wenn der Preis so günstig ist . . .naja, dann kann ich es vielleicht irgendwann wieder ohne Verlust verkaufen. Ich hätte dann erstmal ein stabiles Instrument und kann weiter suchen. (auch wenn dabei mein halbes Lehrlingsgehalt bei drauf geht).
Ich rief Günter an, und kaufe es ihm ab. Übergabe war dann in Wendisch-Evern bei einem SteamRoller-Konzert. Günter packte noch ein Lehrbuch dazu. Tja. Da war es nun. Wie so oft im Leben weiß man manchmal gar nicht was für Glück man hat. Ich lernte das Instrument mit der Zeit kennen und schätzen.

1992 traf ich dann Henry, der mit Frank Nickel das Rudiment von „Saitensprung“ darstellte. Der Banjospieler war weg. Für den glücklichen Umstand dieser Bekanntschaft, aus dem die Band „Schlagsaite“ hervorging, ist im Wesentlichen Gerhard Ottke und die Deutsche Postgewerkschaft verantwortlich zu machen. Auf einem Gewerkschaftsseminar meines damaligen Arbeitgebers lernte ich Gerhard kennen, der den Kontakt zu seinem Arbeitskollegen Frank Nickel herstellte. Mit „Schlagsaite“ zogen wir einige Jahre durch die Gegend spielten mal alleine und mal mit anderen Bands, so z.B. auch an einem Denkwürdigen Abend im „Hornbachers“ im Hamburg Hausbruch. Mit von der Partie: die Band „Fiddle Fever“. Der Instrumentenbauer und Multiinstrumentalist Horst Jahn bekam Stielaugen als er mein Banjo sah, und sagte freudig: Schön, dass hier (in Hamburg) noch einer ein Derroll Adams Banjo spielt. (Derroll Adams? Wer ist denn das? Diese Frage konnte ich nicht stellen, denn er fragte) Willst Du das verkaufen? – ich sagte, hm eigentlich nicht. Darauf Horst Jahn: „Das würde ich auch nicht. Das behalt mal schön!“. – So! Das gab’ mir zu denken. Ein so komisches Banjo soll ich behalten? Ich wollte es doch nur deshalb nicht verkaufen, weil das kleine Geld, das ich dafür kriegen würde, nicht ausreichen kann, um mir ein Stelling, - oder Fender zu kaufen, und meine Barschaft eine Differenz nicht aufbringen kann.

Erst jetzt begann ich das Banjo mit anderen Augen zu sehen, und was noch wichtiger ist mit anderen Ohren zu hören.

5string

Inzwischen ist es so, dass ich mir beim besten Willen nicht vorstellen kann mich von diesem Instrument zu trennen. Inzwischen hat der Banjobauer Karsten Schnoor schon zwei Mal die Bundstäbchen ausgewechselt (das dritte Mal wird in 2008 erwartet. Die dicken Vega Saiten die ich spiele fräsen die Bundstäbe eben einfach runter) Der Satz heißt: V750, wer noch einen oder mehrere hat: bitte melden, die werden nämlich nicht mehr hergestellt! Und Ihr werdet sie nicht spielen wollen, denkt an Eure Bundstäbchen:-)

Nach ein paar Jahren lernte ich zufällig im JazzForum in Bergedorf bei einem Auftritt von „Open Ohr“ aus Schwerin Kally Darms Bruder Willy kennen. Wir kamen ins Gespräch, und Willy erzählte mir von Derroll Adams. Ich wurde neugierig. Eine Aufnahme von Derroll bekam ich dann von Kally. Das hat mich geprägt, auch wenn ich nie so spielen kann wie Derrol, ist mir seine Art dem Instrument Töne zu entlocken stets gegenwärtig. Derroll, wir sind uns nie begegnet, aber ich danke Dir für Dein Spiel. Du hast meine Auffassung vom Banjo zurechtgerückt, es muss nicht immer als Hochleistungsgerät eingesetzt werden, - nein auch leise und langsam entfaltet es seine Wirkung. (Vorausgesetzt es hat keinen Resonator hinten drauf ;-)

Manchmal habe ich Gelegenheit richtig teure Instrumente zu Spielen. (Stelling, Deering, Vega) Leider haben sich meine Ohren so an den trockenen, präzisen Klang meines Banjos gewöhnt dass ich die teuren Banjos immer schnell wieder aus der Hand lege und mich diebisch freue, dass mein Banjo „viel besser“ klingt. Das die Besitzer der teuren Banjos das völlig anders empfinden, ist mein Glück, denn sonst würden wir uns vielleicht noch darum streiten.

Tja, mein Banjo begleitet mich nun schon weit über 15 Jahre. Da macht man sich schon Gedanken: was kommt danach? Framus baut diese Boliden schon sehr lange nicht mehr. . .Da bleibt doch „Laufwerk-E“ wie ich E-Bay augenzwinkernd nenne. Inzwischen haben so zwei weitere Banjos dieser Baureihe zu mir gefunden. Laien mag es verwundern, wer sich aber damit auskennt, dem ist’s logisch: Obwohl es sich um denselben Typ handelt klingen die Banjos alle völlig unterschiedlich. Nun habe ich mir vorgenommen, so lange weiterzusuchen bis ich zwei habe die gleich Klingen, - und ich weiß, dass dazu ein Menschenleben nicht ausreicht. . . (wenn irgendwann bei Ebay ein „Geist“ so ein Banjo ersteigert, dann wisst Ihr: das bin ich)

Im Laufe der Jahre kam dann durch Zufall ein „Lady Banjo“ aus dem Jahre 1895 dazu, das ich gelegentlich auch mit zu den Auftritten nehme, und ein Longneck-Banjo von Hense. Sowie ein ganz schlichtes Hense-Banjo. Die Geschichten dazu folgen demnächst auf diesen Seiten.

5aufeinenstreich

von oben nach unten:
1. Derroll Adams Banjo (das von Günther Khuen)
2. Longneck-Banjo von Martin Hense, Baujar 2001 es handelt sich um den „0-Typ“, also das „Vor-Serien-Modell“.(www.martinsmusikkiste.de)
3. und 4. weitere Derroll Adams Modelle
5. Das alte Lady Banjo aus USA (lt. Karsten Schnoor: Bj. ca. 1895)
Es fehlt das Hense-Open-Back mit Alu-Kessel, das zum Zeitpunkt der Aufnahme zum „Bildungsurlaub“ an Norman Lockschen (www.smalltownriot.de) entsendet (ausgeliehen) wurde